Zwei Bayern fahren
„Zum Teetrinken nach Ostfriesland“
im Juni 1999
Von Lothar und Gerda Göhler
Nach unseren vier Erlebnistagen im
Zillertal kamen wir am Donnerstag 20. Mai nach Hause und begannen gleich
mit den nächsten Reisevorbereitungen. Lothar hat ganz ärgerlich
aus dem Fenster geschaut, weil wegen dem neuen Gehsteigrand vor unserem
Haus die Straße aufgebaggert wurde. Wir hatten uns als Ziel diesmal
Ostfriesland ausgesucht. Nachdem wir ja in Bayern wohnen, haben wir es
an die Adria 100 Kilometer näher als nach Norden in Ostfriesland.
Aber wir wollten mal die frische Nordseeluft schnuppern und so wurde unser
Malibu-Campingbus wieder ausgerüstet. Wir mussten dies auf der Straße
tun, weil auch vor unserem Carport die Straße aufgebaggert war.
So war der Samstagmorgen ohne Hektik
und wir konnten um 8.45 Uhr die Haustüre hinter uns schließen.
An Kassel und Hannover vorbei geht’s durch die Niedersächsische Tiefebene.
Bei Asendorf stand an der Straße
eine Museumseisenbahn unter Dampf, die natürlich gefilmt werden musste,
bevor wir bei Delmenhorst auf die Autobahn Richtung Norden (gemeint ist
die Stadt Norden) fuhren.
Um 18 Uhr standen wir nach 758 Kilometer
vor der Rezeption des Campingplatzes Norddeich, die in dem Gebäude
der ehemaligen Seefunkstation Norddeich-Radio untergebracht ist. Wir dürfen
uns einen schönen Platz aussuchen. Alles ist sehr sauber, der Rasen
kurz wie ein Teppich. Im erweiterten Teil ein neues Sanitärgebäude
mit allem Komfort und viel heißem Wasser zum Duschen und Geschirr
spülen. In unmittelbarer Nähe davon belegen wir den Platz Nr.
710 (110 Quadratmeter Fläche), schließen uns am Stromnetz an
und schon sind wir Zuhause.
Sofort gehen wir auf Entdeckungsreise
und wollen vor allem vom Deich aus auf die Nordsee blicken. Direkt gegenüber
dem Eingang gehen 48 Betonstufen zur Deichkrone und wir sehen auf das Watt,
die Buhnen, die Inseln Juist und Norderney, den Sandstrand in Norddeich,
einen Teil des Hafengeländes und viele Rentner.
Ein Ostfriese klärte uns gleich
auf, dass jetzt in der Vorsaison nicht so viele Urlauber da sind und man
deswegen nicht extra das Wasser bis zum Deich leiten kann. Es war allerdings
gerade Ebbe und so dumm sind ja die Bayern auch nicht das sie das glauben!
Die Sonne scheint, aber es weht
ein kühler Wind, darum gibt es hier auch die vielen Teestuben und
außerdem ist ja alles sooo gesund.
Den ersten schönen Sonnenuntergang
erleben wir um 21.50 Uhr.
Montag 31. Mai. Wir fahren
mit den Rädern 4,5 Kilometer nach der Stadt Norden (wenn man nach
Norden will, muss man nach Süden fahren). Es gibt überall schöne
Radwege und man kann trotz des Windes gut fahren.
In der Stadt ist auf Deutschland
größten baumbestandenen Markplatz Wochenmarkt, aber wir fahren
in die Fußgängerzone, wo in jedem Haus ein Laden ist. Bei einem
Fischladen essen wir leckere Matjesbrötchen und dazu unser erstes
herb Friesisches Jever Pils.
Am Nachmittag saßen wir vor
dem Malibu bei Sonne und frischem Wind. Im platzeigenen Nordsee Supermarkt
holen wir Brot, Tomaten und aus dem danebenliegenden Getränkemarkt
Jever im Sechserpakt. Die Nacht ist angenehm kühl (wir schlafen bei
offenem Fenster) und es herrscht eine himmlische Ruhe.
Dienstag 1. Juni. Gut ausgeschlafen
steigen wir um acht Uhr aus den Federn. Im wohlig temperierten Sanitärgebäude
ist duschen ein wahres Vergnügen.
Danach ist auf dem weichen Rasen
vor dem Hotel Malibu der Frühstückstisch gedeckt.
Gegen 10 Uhr radeln wir nach Norddeich
zur Kurverwaltung und erwerben eine Radwanderkarte.
Im Hafengelände sehen wir die
Fähren nach Norderney und Juist. Dann kommt uns auf dem Nachhauseweg
noch ein Fischgeschäft gelegen.
Die Spezialität ist zur Zeit
der erste junge Matjes aus dem Faß. Wir decken uns mit vier Doppel-Matjes
aus dem Fass ein. Im Supermarkt nebenan kaufen wir Kartoffeln und eine
Gurke und radeln dann heim zum Mittagessen machen. Die Matjes sind tatsächlich
eine Delikatesse und der Fischmann hat uns gut beraten.
Nach dem Abendessen wurde noch eine
Lesestunde abgehalten und um 21.30 Uhr sind wir auf den Deich geklettert
um den Sonnenuntergang zu erleben und den Tag zu verabschieden. Wie ein
riesiger Feuerball verschwand sie dann um 21.55 Uhr hinter der Insel Juist.
Lothar hat das zum Glück auf Video festgehalten, denn heute Abend
regnet es nach einem Gewitter.
Der Mittwochmorgen war klar
und sonnig. Wir unternehmen nach dem Frühstück eine Radltour
zur Leybucht, dem nordwestlichsten Punkt Deutschlands. Vorbei an üppig
grünen Wiesen, einzelnen Gehöften, friedlich auf dem Deich grasenden
Schafe mit ihren Lämmchen.
Wir passieren die Sendemasten einer
Außenstelle von Norddeich-Radio. Die Küstenfunkstelle „Norddeich-Radio“
war 60 Jahren die Verbindung zu Schiffen in aller Welt und wurde nach Einführung
der Satellitentechnologie im Jahr 1996 abgeschaltet und stillgelegt.
Bei der “Schöpfanlage” schauen wir über den Deich auf das Meer.
Es sah aus wie auf einer Großbaustelle, für uns Landratten unverständlich.
Hinterher lesen wir auf einem Schild, das hier bis zum Jahr 2002 die Deichanlagen
umgebaut und erneuert werden.
Der Duft von herrlichen großen
Heckenrosen begleitete unseren Weg bis Norden. In der Fußgängerzone
steuerten wir wieder das Fischlokal a la Nordsee an. In der Verkaufstheke
lagen in Eis eingebettet viele frische Seefische und die Speisekarte war
ebenfalls sehr reichhaltig.
Lothar bestellte Emdener Matjestopf
mit Pellkartoffeln und ich verspeiste ein Krabbenbrot mit Spiegelei. Zum
Nachtisch gab es gegenüber noch zwei Kugeln Eis aus der Waffeltüte.
Dann strampeln wir die restlichen
vier Kilometer zum Campingplatz zurück. Es war ziemlich „schawühl“
und wir zogen uns luftige Bekleidung an.
Allerdings mussten bald die Liegen
und Stühle in Sicherheit gebracht werden, denn ein kurzer aber heftiger
Gewitterregen ging nieder.
Aber jetzt um 18 Uhr ist es wieder
sonnig, der Jever steht im Kühlschrank und so gesehen ist der Abend
gerettet.
Donnerstag 3. Juni. Die vergangene
Nacht war sehr stürmisch und der über zwei Tonnen schwere Malibu
hat ganz schön gezittert. Auch jetzt am Morgen weht noch eine steife
Brise vom Meer her. Wir unternehmen eine Wanderung nach Norddeich, bei
Rückenwind den Deich entlang.
Auf der Suche nach dem Gemüsemarkt
lernen wir den Kurpark und die vielen kleinen Straßen zwischen den
Ferienhäusern kennen.
An der Hauptstraße entdecken
wir eine ostfriesische Teestube, wir nichts wie rein, denn schließlich
heißt unser Motto: “Zum Teetrinken nach Ostfriesland”.
Sehr gemütlich in blau gehalten
wie wir uns das vorgestellt hatten. Die Teekanne auf dem Stövchen,
dazu weißer Kandis und cremige Sahne, kleine zarte Teetassen, die
vielleicht Kinderhände am Henkel fassen können, na ja das muss
wohl so sein. Dazu bestellten wir Marmorkuchen, es schmeckte köstlich
und kostete 19 Mark.
Der Heimweg ging nun gegen den Wind
und es war ganz schön anstrengend. Auf der Deichkrone musste man sich
mächtig dagegen stemmen, um nicht umgeblasen zu werden. Im Laufe des
Nachmittags legte sich der Wind etwas und die Sonne strahlte wie im Süden.
Um 16 Uhr gab’s aus der Malibuküche
das verspätete Mittagessen oder zu frühe Abendessen und anschließend
fuhren wir mit den Rädern ins Meerwasser-Hallenwellenbad nach Norddeich.
Eintritt mit Kurkarte pro Person 6.- DM. In den Duschen herrschten Saunatemperaturen
und auch das riesige Schwimmbecken mit dem originalen Nordseewasser war
angenehm temperiert.
Zu jeder halben und vollen Stunde
setzte der Bademeister die Wellenmaschine in Bewegung und vermittelte ungefähr
das Gefühl einer Meeresbrandung. Das Highlight war dabei ein Badegast,
der beim Umkleiden seinen Hut auf dem Kopf vergessen hatte und nun mit
Hut im Wasser umherplanschte. Nach zwei Stunden schrumpelten die Finger
und wir beendeten den Badespaß. Den Rest des Abends verbrachten wir
vor unserem Haus in Gesellschaft unseres Nachbarn, der immer viel zu erzählen
weiß.
Der Sonnenuntergang fand hinter
einer dichten Wolkendecke statt, welche über Nacht auch ausgiebig
Regen über das Land schüttete.
Freitag 4. Juli, bis dreiviertel
neun im Bett gelegen. Das Wetter ist trüb und windig. Lothar ist unterwegs
auf dem Deich. Am Nachmittag wollen wir mit dem Rad nach Norden fahren
zum Drehorgel-Festival. Wir kommen gerade bis kurz vor Norddeich als ein
gewaltiger Platzregen auf uns herunterprasselt. Bis wir einen Unterschlupf
gefunden hatten, waren wir schon durchnässt und so machten wir uns
wieder auf den Heimweg und verschoben den Ausflug auf Samstag. Im Campingladen
kaufe ich Ostfriesischen Kandis und Käsekuchen und wir machen es uns
im Malibu gemütlich. Ein kurzer Abendspaziergang in alle vier Ecken
des Nordseecamps und ein Blick vom Deich auf das stille Watt beendete diesen
Tag.
Samstag 5. Juni. Um acht Uhr
aufgestanden und geduscht. Es wird kein Ausflugswetter und das Drehorgel-Festival
fällt ins Wasser. Wir decken uns im Supermarkt ein. Mittags kochen
wir Knorr`s schwäbische Hochzeitssuppe und dann einige dutzend Pfanni
Kartoffelpuffer. Danach kommt das Mittagsschläfchen, der Regen trommelt
auf das Dach, aber das ist uns wurscht.
Als wir um 16 Uhr die Rollos hochziehen,
scheint die Sonne und wir unternehmen einen Spaziergang nach Norddeich.
Im Hafen legt gerade die Fähre aus Norderney an. Eine große
Menschenmenge quillt heraus. Wir schauen eine Weile zu und machen noch
einen Abstecher zum Bahnhof. Dann lenken wir unsere Schritte zu „Diekster`s
Fischhuus“. Das hübsche Lokal ist bereits ziemlich besetzt aber wir
finden einen Platz und bestellen Matjes mit grünen Bohnen und Bratkartoffel
für Lothar und ich bestelle die Fischhuus-Platte, dazu drei Königspilsener
und zwei Dornkaat für 50 Märker, aber das war es uns echt wert
an Qualität und Quantität. Der Rückweg bei Gegenwind verbrauchte
wieder einige der angefutterten Kalorien.
Der Abend klingt aus mit dem Betrachten
eines wunderschönen Sonnenunterganges.
Sonntag 6. Juni. Wind und
leichter Sprühregen machen uns das Liegenbleiben im warmen Bett leicht.
Nach den üblichen Morgenritualien verlassen wir gegen halbelf im Sonntagsstaat
unser Haus und marschieren mit Rückenwind an der Meerseite des Deiches
ins zwei Kilometer entfernte Norddeich. Nach 25 Minuten sind wir im „Haus
des Gastes“.
Zur Feier des Tages soll dort der
„Shanty Chor Aurich“ auftreten. Alle Plätze waren bereits besetzt,
Lothar konnte jedoch noch zwei Stühle auftreiben und so erleben wir
Hafenkonzert life. Bis kurz nach zwölf dauert die musikalische Seereise
um den Globus mit vielen bekannten Seemannsliedern.
Gegen 13 Uhr fuhren wir dann von
der Mole aus mit dem Bus nach Norden, pro Person 1.- DM mit Kurkarte. Am
Markplatz stiegen wir aus und gingen durch die Fußgängerzone
zum Bahnhof. Es war der erste Sonntag, an dem die Museums-Eisenbahn zwischen
Norden und Dornum den Sommerfahrplan eröffnete. Zuvor mussten wir
noch das Hungergefühl loswerden und so haben wir in der Bahnhofsgaststätte
eine Pizza, eine Tomatensuppe und zwei Krombacher verkonsumiert.
Zehn Minuten vor der Abfahrt haben
wir die Fahrkarten gekauft und so konnten wir pünktlich um
14 Uhr mit abfahren. Eine nostalgische
Diesellok schnaubte mit fünf Wagons und einem Buffetwagen auf der
sonst stillgelegten Strecke durch die flache Landschaft.
Bloß gut, das die alten Waggons
mit ihren Holzbänken auch wasserdicht waren, denn es ging schon bald
ein heftiges Gewitter nieder. Als wir in Dornum ausstiegen, schüttete
es wie aus Eimern. Zum Glück hatten wir unsere Schirme dabei und als
wir an der Burganlage Beningsen ankamen, lachte schon wieder die Sonne.
Das alte Gemäuer war restauriert und es befand sich außer einem
Hotel auch eine Teestube darinnen. Es war alles liebevoll eingerichtet
und vermittelte den Wohlstand friesischen Landadels.
Die einstigen Bewohner ab dem dreizehnten
Jahrhundert blickten ernst und würdevoll aus ihren Bilderrahmen auf
uns Bayern herab, die zum Teetrinken nach Ostfriesland gefahren waren.
Wir ließen uns nach Landessitte
Ostfriesentee servieren. In der Teekanne waren 14 Tässchen, er schmeckte
vorzüglich und auch die weinhaltige, sahnige Ostfriesentorte. Fünfundzwanzig
Mark waren uns das wert in dieser pompösen Umgebung.
Dass wir in nassen Windbreaker,
Regenschirm und Rucksack in diesen Nobelschuppen eingefallen waren, hatte
auch niemand gestört.
So machten wir noch einen Rundgang
zum Schloss, den Marktplatz und der alten Backsteinkirche, die wir auch
von innen besichtigten. Die Doppelempore und das Gestühl in Friesisch
blau gestrichen, eine sehr alte, geschnitzte Orgel und auch die Kanzel
und Altar hübsch farbig bemalt.
Anschließend mussten wir uns
sputen, denn um 17 Uhr wollten, bzw. mussten wir mit dem Bähnle zurückfahren
und schwarze Wolken ließen nichts Gutes ahnen.
Aber wir haben es geschafft und
freuten uns über den schönen Nachmittag. Dann verlief alles fahrplanmäßig.
Zurück in Norden, Fußmarsch zum Bus, um 19.05 Uhr Norddeich
Mole und dann bei heftigen Wind und leichtem Nieselregen den Deich entlang.
Um 19.45 Uhr waren wir wieder in unserem Home-Mobil. Tomatensalat und Wurstbrot
gab es zum Abendessen.
Lothar hat nach der Sonne geguckt
wie sie ins Bett geht und ich habe im Superspülhaus den Abendabwasch
gemacht. Nun ist Schluss für heute.
Morgen folgen neue Herausforderungen,
denn schließlich machen wir ja einen Aktiv-Urlaub.
Montag 7. Juni. Ein sonniger
Tag verspricht gutes Ausflugswetter. Es kann sich erfahrungsgemäß
schnell ändern, deshalb nehmen wir auch zwei Regenschirme im Rucksack
mit, sicher ist sicher. Gegen 10 Uhr starten wir mit den Fahrrädern
zur Norddeich Mole am Fischereihafen vorbei.
Es ist Ebbe und klare Sicht nach
Norderney. Eine Fähre gleitet langsam durch die Fahrrinne und auch
zwei Frachter sind zu sehen. Um uns ist eifriges Gezwitscher der vielen
Seevogelarten und eine große Schafherde ist auf dem Deich mit der
natürlichen Rasenpflege beschäftigt. Es sind wenige Radfahrer
unterwegs und wir kommen auf den geteerten oder gepflasterten Wegen schnell
voran.
Unser erstes Ziel ist das 18 Kilometer
entfernte Hage, ein schmuckes Städtchen in Ostfriesland.
Ein großer, rotgeklinkerter
Marktplatz und anliegend das Gasthaus Martini mit Biergarten. Was konnte
uns zur Mittagszeit besseres passieren. Lothar meinte zwar, eine Wurstsemmel
aus einer Metzgerei täte es auch, aber schließlich habe ich
ihn doch zu Spiegeleiern überredet. Der Salat war knackig und die
Bratkartoffel leider etwas zu fett, da war wohl ein halbes Pfund Räucherspeck
zu viel dran. Wir nahmen Rücksicht auf unsere Galle und ließen
einiges davon auf dem Teller.
Dann fuhren wir ein Stück der
Wegstrecke zurück und kamen zum Wasserschloss Lütetsburg, das
seit dem Mittelalter schon mehrmals abgebrannt war und immer wieder aufgebaut
wurden ist. Einmal war es durch einen umgestürzten Weihnachtsbaum
in Brand geraten.
Die erlauchte Familie derer von
Kyphausen bewohnt und verwaltet dieses mächtige Schloss mit dem größten
und schönsten Rhododendrenpark Europas!! Wir haben erst zum Teil auf
gepflasterten Wegen die Länge und Breite des Areals vermessen und
sind dann zurückgefahren um den Park zu besichtigen.
Die Räder parkten wir an der
Burgmauer, das Cafe gleich dahinter hat Montag Ruhetag. Zunächst führte
der Weg durch pyramidenförmige alte Koniferen um dann durch eine weiße
Pforte den eigentlichen Park zu erschließen. Uralte Bäume, darunter
viele Exoten in allen Farben. Büsche und Hecken von Rhododendren,
leider war ein Großteil schon verblüht.
Wasserläufe, Seen mit gelben
Schwertlilien und Seerosen, Fingerhüte (Digitalis) in Rosa und weiß.
Brücken, Pavillons und dazwischen gepflegte Rasenflächen, eine
Anlage nach dem Stiel englischer Gärten und das alles angelegt und
gepflegt in einigen hundert Jahren.
Was ist dagegen ein Bauwerk gegen
soviel Naturschönheit. Was uns noch zu Gute kam, heute am Montag waren
nur wenige Besucher da und so waren auch die Vogelstimmen und der Blütenduft
voll wahrzunehmen.
Nun ging unsere Tour zurück
in die Stadt Norden, wir kauften uns noch ein Eis in der Waffeltüte
und als wir auf den Radweg der B 72 einbogen, fing es an zu tröpfeln.
Wir traten kräftig in die Pedale. Bis Norddeich waren es noch 3 Kilometer
und zum Campingplatz nochmals 1,5 km. Na wir schafften es nach 40 Kilometer
Fahrstrecke trocken nach Hause zu kommen.
Die Wolken sind vorerst abgezogen
und nach dem ausgiebigen Abendbrot scheint die Sonne. Aber so gegen 20
Uhr näherte sich eine Gewitterfront und der Himmel öffnete seine
Schleusen. Eine Stunde lang prasselte ein sintflutartiger Regen herab,
den der Boden aber zum Glück größtenteils aufnahm.
Nun ist es kurz vor 22 Uhr und die
nun wieder scheinende Sonne hat sich über Juist verabschiedet. Die
Abendbewölkung hat sich rosa gefärbt, in den Wohnwagen und Wohnmobilen
flammen die Lichter auf und der Tag geht zur Neige. Auch der Wind hat sich
gelegt so dass sogar die großen Windräder stillstehen. Das ist
Abendfrieden.
Dienstag 8. Juni. Der Wind
bläst um unser “Haus”, es ist bewölkt und im Lauf des Vormittags
gibt es immer wieder kleine Regenschauer. Wir decken uns mit Mineralwasser
und Apfelschorle ein, heute Mittag gibt es Pellkartoffeln, Sahnehering
und Quark aus der Bordküche.
Der Nachmittagsschlaf zog sich bis
16 Uhr hin. Richtig gemütlich, während es auf das Dach tröpfelte.
Nachdem das Tröpfeln aufhörte waren wir noch mit den Rädern
in Norden zum Schaufenster angucken und Tomaten kaufen.
Nach dem Abendessen zog es uns noch
eine halben Stunde an das Wasser um die gesunde Luft zu tanken. Der Wind
hat uns ordentlich durchgepustet und nun gibt es heißen Tee (auf
ostfriesisch Schietwetter-Tee), die Trummer-Heizung ist angeschmissen und
bis zum Schlafengehen wird noch geschmökert und Radio Niedersachsen
gehört. So soll Urlaub sein.
Mittwoch 9. Juni. Das Sturmtief
über Ostfriesland dauert immer noch an, es bringt sogar den Malibu
ins Wanken. Vormittags hat es auch geregnet. Dafür dehnen wir das
Frühstück bis 10 Uhr aus und lesen anschließend die Storys
in der Bildzeitung.
Nach dem Abwasch unternehmen wir
eine Deichwanderung nach Norddeich. Der Wind schiebt kräftig an und
wir sind nach einer halben Stunde an der Mole. Nun gehen wir auf der Nordenerstraße
zur Seehund-Aufzuchtsstation. Für drei Mark Eintritt besichtigen wir
die Ausstellung mit vielen Sorten präparierter Möwen und Bilder
von gestrandeten Walen.
Interessante Aufzeichnungen was
es mit Ebbe und Flut auf sich hat und zum Schluss bleiben wir noch eine
Weile bei den Seehundbabys stehen. Leider sieht man sie nur durch eine
Glasscheibe wie sie in der Sonne dösen.
Es sind zurzeit 10 Tiere da, deren
Namen auf einer Tafel stehen und auch wo man sie gefunden hat. Diese mutterlosen
Jungtiere (Heuler) werden aufgepäppelt bis sie wieder in die Freiheit
entlassen werden. Auf dem angrenzenden, großen Kinderspielplatz setzen
wir uns in die Sonne. Gegen 15 Uhr suchen wir “unsere“ Teestube auf und
halten “Teatime” mit leckerem Käsekuchen. Was uns ärgert sind
lästige Fliegen und nur mit Rücksicht auf das zarte Teegeschirr
entgehen sie unserer Rache.
Im Edeka Markt hole ich noch Tomaten
und eine Geschenkpackung Ostfriesentee und dann geht es mit mächtigem
Gegenwind auf die Heimwärtstour.
Gegen 17.30 Uhr sind wir wieder
zu Hause. Nun noch schnell Getränke geholt und dann klingt der Tag
aus bei Jever, Tomatensalat und Leberwurstbrot.
Donnerstag 10. Juni. Es regnet,
regnet und regnet. Bis Nachmittag sitzen wir im Malibu. Zum Mittag gibt
es Knorr Nudelsnack und als Nachtisch Kaffee und Minikekse. Gegen 15 Uhr
gehen wir den Deich entlang zur Norddeich Mole und fahren mit dem Bus nach
Norden zum Bummeln. Für unsere Modelleisenbahnanlage kaufen wir in
einem Fachgeschäft einen Märklin Waggon mit Warsteiner Aufdruck.
In einem hübschen Cafe in der Fußgängerzone genießen
wir je einen Pharisäer und Bienenstich, dann nehmen wir uns noch Teegebäck
und einen Marzipankrebs mit. Um 18 Uhr fahren wir vom Marktplatz wieder
zurück.
In Norddeich gehen wir zum Diekster
Fischhuus und kaufen zwei Matjes Semmel, die wir auf dem Bankerl vor dem
Lokal verspeisen. Es nieselt leicht und ich hätte ein paar Handschuhe
brauchen können.
Um 20 Uhr beginnt im Haus des Gastes
ein Diavortrag über die großen Sturmfluten an der Ostfriesischen
Küste. Wir haben noch eine dreiviertel Stunde Zeit und sitzen zunächst
im Freien. Als dann die Besucherströme anschwellen sind wir die ersten
im Saal und haben auch die besten Plätze. Der Vortrag ist sehr interessant
und die junge, blonde Friesin kann uns alles anhand der Dias gut erklären.
Auch ein paar alte Ostfriesenwitze hat sie auf Lager und in einem Sack
steckte ebenfalls ein Ostfriesenwitz, ein doppelter Hammer mit einem passenden
Nagel dazu.
Kurz vor 22 Uhr ist die Veranstaltung
zu Ende und wir mussten noch 2 Kilometer nach Hause gehen. Wir schalten
den Schnellgang ein und auf halber Strecke mussten wir noch einen Zahn
zulegen, denn es fing schon wieder an zu regnen. Froh näherten wir
uns unserer Behausung und es dauerte nicht lange, bis wir im warmen Malibubett
in das Land der Träume entschwanden.
Freitag 11. Juni. Heute ist
Eile geboten, denn der lange geplante Ausflug zur Insel Norderney war an
der Reihe. Herrliches Frühsommerwetter, leicht bewölkt und sonnig.
Die Fähre legt um 11.15 Uhr
ab. Mit zwei Fahrkarten in der Tasche zu je 25.-DM gehen wir an Deck. Es
war schon ziemlich besetzt und wir fanden gerade noch einen Sitzplatz.
Der Kapitän begrüßte
nach dem Ablegmanöver über Lautsprecher seine Gäste und
sagte, das es jetzt 11.15 Uhr sei, also viertelzwölf, das Schiff 45
Minuten nach Norderney braucht, also eine dreiviertel Stunde, es also um
Mittags 12 Uhr dort ankommt.
Für Ostfriesen: wenn beide
Zeiger nach oben zeigen.
Bei ablaufendem Wasser sah man zum
Teil schon die seichten Stellen, aber die Frisia-Fähren kennen ihre
Fahrrinne und fahren im Slalom durch die Nordsee. Vorbei an der langen
Insel Juist mit viel Sandstrand, der von der Meerseite her von einer starken
Brandung gepeitscht wird.
Kurz vor Norderney schwenkte die
Fähre nach links und pünktlich um 12 Uhr manövrierte der
Kapitän in den engen Anleger. Es rumste zwar ein paar Mal an den Stahlstützen
aber bei dem Sog des ablaufenden Wassers war das sicher unvermeidlich.
Als wir wieder Land unter den Füßen hatten, wanderten wir am
Strand entlang zu den Hotelbauten und dann in die vielen autofreien Straßen
des Badeortes. Geschäfte, Speiselokale und Cafes wechselten in bunter
Reihenfolge.
In der “Lüttje Tenne” haben
wir uns dann zwei Mittagessen für 100.- DM geleistet. Zwei Jever,
zwei Salatteller, zweimal gebratene Scholle und zweimal rote Friesengrütze
mit Eierlikör und Sahne.
Schlicht gesagt ein Gedicht, aber
die halbe Rente ist damit schon weg.
Dann sind wir an der Nordwestseite
der Insel am Wasser entlang spaziert. An einem kleinen Aussichtsberg haben
wir gerastet und uns die Sonne ins Gesicht scheinen lassen. Dann sind wir
wieder zum Hafen und haben auf die nächste Fähre gewartet.
Inzwischen haben wir sechs Norderneyer
Rentnern zugehört, die in bester Position ihre Stammbank haben. Über
der Bank war ein Schild: Ab 16 Uhr reserviert für Norderney-Rentner.
Nun war außer der Fahrrinne
totale Ebbe. Der Kapitän machte uns auf ein Rudel Seehunde aufmerksam,
die sich in unmittelbarer Nähe auf einer Sandbank sonnten. Gegen halbsechs
waren wir wieder in Norddeich.
Samstag 12. Juni. Unser letzter
Urlaubstag. Um 10.30 Uhr starten wir bei Gegenwind mit unseren Rädern
zu einem Ausflug nach Greetsiel an der Leybucht. Laut Karte sollten es
17 Kilometer sein, aber die langen, geraden Straßen nahmen kein Ende.
Wir merkten erst hinterher, dass ein großer Teil des Weges wegen
den Umbauarbeiten am Deich gesperrt war und wir einen größeren
Umweg fahren mussten. Dann sahen wir von weitem die Wahrzeichen von Greetsiel,
die Zwillings-Windmühlen.
Auf gepflasterten Wegen fuhren wir
in das romantische, für den Autoverkehr gesperrte Städtchen.
Es gab viele hübsche, kleine
Häuser, alles blitzsauber und gepflegt und eine Menge Gasthäuser,
die hauptsächlich Fisch anboten. In der Nähe des Hafens haben
wir dann Matjes mit Salzkartoffeln gegessen und dann ging die Erkundungstour
weiter. In der alten Kirche fiel uns auf, dass der Turm wie auch der Turm
der Ludgeri Kirche in Norden neben der Kirche steht und der Langbau ziemlich
schief war. Am malerischen Hafen waren einige Fischkutter zu sehen und
ein uraltes Schleusentor. Gegenüber in der Eisdiele gab es dänisches
Eis in gaanz großen Waffeltüten mit Sahne und Erdbeersoße,
genau das richtige für die Göhler-Schleckers.
Nach 16 Uhr radelten wir die ganze
Strecke wieder zurück. Unterwegs legten wir noch eine kurze Erfrischungspause
ein und dann nahmen wir noch eine Abkürzung denn die Handgelenke und
das Hinterteil wurden spürbar. Immerhin hatten wir nun 48 Kilometer
mehr auf dem Tacho.
“Zu Hause” machten wir es uns gemütlich
und ich nahm eine Samstagnachmittagdusche mit Haarewaschen, da wir morgen
abreisen.
Lothar ist schon mal in das Büro
und zahlt für 14 Tage 330.- DM, plus 80.- DM Kurtaxe also
410.- DM. Um 19 Uhr stand als Krönung
des Tages und zum Urlaubsabschluss ein Festessen in dem Campingplatz Restaurant
“Funkenpuste” auf dem Programm. In dem Großraum der ehemaligen Station
Norddeich-Radio ist nun ein stilvolles und gemütliches Restaurant
untergebracht, das auch kulinarisch empfehlenswert ist. Wir bestellten
zu zwei Königspils eine Kutterplatte für zwei Personen zu 48.-
DM.
Vorgewärmte Teller, Stövchen
und Salatteller nahmen schon die Hälfte des sechs Personen Tisches
ein. Dann kamen die Platte und dazu noch zwei Schüsseln mit Soßen,
uns blieb auf deutsch gesagt die Spucke weg. Dreierlei gebratener Fisch
und weißer Kabeljau. In den Ecken auf Salatblätter frische Krabben
und Muscheln.
Das Ganze übersät mit
Speckwürfel. Es war ein wahrer Augen- und Gaumenschmaus. Wir mussten
uns anschließend noch zwei Aquavit genehmigen um die Nacht stunden
gut zu überstehen.
Sonntag 13. Juni. Es ist sonniges
Reisewetter. Nach spätem Aufstehen, Frühstück, Morgentoilette,
Räder aufsatteln, Abwasch und alles klappersicher verstauen ist es
fast 11 Uhr als wir die Ausfahrt passieren.
Noch einen Abstecher zum Diekster
Fischhuus um 15 neue Matjes aus dem Faß mitzunehmen. Alfred Evers,
der urige Norddeicher Fischmann packte uns alles auf gestoßenes Eis
und dreifach ein. Im Malibu Kühlschrank waren sie dann gut aufgehoben.
Allerdings ist Matjes enthäuten und entgräten eine glitschige
Angelegenheit. Also, das nächste Mal Filet nehmen.
Die Fahrt ging von Norddeich aus
östlich nach Dornumersiel zur Stadt Esens. Wir parkten unseren 2.35
Meter hohen Malibu auf einem Parkplatz dessen Ausfahrt nur 2.10 m hoch
war (wir mussten dann bei der Einfahrt rückwärts rausrangieren)
und machten einen Spaziergang ins Zentrum. Nach einer Besichtigung der
Kirche stiegen wir auf den Turm von dem wir einen schönen Ausblick
auf die Stadt, das weite flache Land, den Deich und die Nordsee hatten.
Am großen Marktplatz haben wir in einem historischen Restaurant Gemüseomeletts
gegessen um dann das nächste Ziel anzusteuern.
Ein bekanntes Feriendorf an der
Küste “Neuharlingersiel”. Es waren viele Feriengäste da, denn
direkt am Fischereihafen fand ein Shantychor-Treffen statt. Nun konnten
wir nochmals life hören, was wir in Bayern nur vom Fernsehen kennen.
Männerchöre aus der Umgebung
und aus Holland sangen mit Begeisterung Seemannslieder. Nur ungern mussten
wir uns losreißen, denn wir hatten uns zum Kaffee bei Verwandten
in Rodewald angesagt. Es war bereits 13.30 Uhr als wir der Nordseeküste
tschüß sagten und unser Weg nach Süden Richtung Autobahn
verlief.
Montag 14.Juni. Wir haben
bei unserer Verwandtschaft übernachtet Gegen 10 Uhr fahren wir aus
dem Hof. Bald sind wir auf der Autobahn und dann geht die Post ab über
Hannover, Kassel und Würzburg. Unterwegs eine kurze Mittagspause an
der Raststätte Hasselberg und ohne Stau erreichen wir um 15 Uhr Neuöd,
wo uns etwas unterhalb der Annaberg begrüßt.
Ein schöner, etwas anderer
Urlaub ist zu Ende.
Die Gesichter gebräunt von der
frischen Meeresluft und liebe Erinnerungen bleiben von der nordwestlichsten
Ecke Deutschlands.
Ostfriesland. Das war:
Sonne und Regen, Wind und Wolken,
Jever und Matjes,
Sturm und herrliche Sonnenuntergänge.
Moin, Moin und tschüß
Ostfriesland, vielleicht kommen wir mal wieder.
Lothar und Gerda Göhler
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